Zu Gast in der Sparkasse, vhs Münster und im Hub Münsterland
Die „Gründungstage“ der Initiative ‚Münster gründet‘ boten knapp 30 Workshops, Seminare und Veranstaltungen. Den Auftakt zur dreitägigen Veranstaltungsreihe vom 14. bis 16. November machte die vhs Münster mit dem Workshop „Akquise macht Spaß!“ in der Sparkasse Münsterland Ost an der Weseler Straße.
Sketchnotes, gezeichnete Notizen auf Flipcharts oder Plakaten, waren das Thema von Dozentin Hille Czygan am Nachmittag. Wenn es nicht nur Text gibt, sondern dazu noch Bilder, Darstellungen, Strukturelemente wird alles anschaulicher und bleibt besser im Kopf.
Dozentin Hille Czygan bringt viele Vorteile der Methode auf’s Papier.
Wie entsteht auf einer Moderationswand oder einem Flipchart ein anschauliches Erklärbild? Dafür machte die Münsteranerin mit den Gründerinnen und Gründern viele Schritte bis zum fertigen Bild.
Was will ich darstellen, welche Erklärungen und Symbole benutze ich dafür?
Sketchnotes mit System entwerfen: Welche Formate kann ich wählen?
Bitte Stifte, Strichstärke und einfache Symbole mit Wow-Effekt wählen.
Anordnung, Gliederungszeichen, farbige Schatten heben Inhalte hervor.Fertig ist die selbst erstellte visualisierte Präsentation.
Die „Gründungstage“ boten handgemachte und moderne digitale Lösungen im Geschäftsalltag.
Die Initiative münster gründet! unterstützt Existenzgründungen in Münster mit qualifizierten Informationsangeboten, kompetenten Beraterinnen und Beratern, innovativen Projekten und Konzepten. Gründungsinteressierte finden auf www.muenster-gruendet.de weitere Veranstaltungen für Herbst und Winter.
Den Wasserhahn voll aufdrehen und ein bis zwei Liter herauslaufen lassen… dass sollten Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Wasserentnahme tun, denn so verringere sich die Keimzahl im meist stehenden Wasser beträchtlich. Maximal zulässig sind 100 Teile in einem Milliliter Wasser als Gesamtkeimzahl – um sie verlässlich zu finden, dafür wird das Labor des UKM zuverlässig tätig, auch für unser Trinkwasser in Münster. Unser heimisches Trinkwasser aus der Hohen Ward und anderen Wasserwerken wird zusammengemischt und hat je nach Herkunft eine ganz unterschiedliche Qualität im Rohwasser.
Das war nur einer der praktischen Ratschläge von Prof. Dr. Thorsten Kuczius vom Universitätsklinikum Münster im gestrigen Vortrag „Wasser ist Leben und saubereres Wasser bedeutet Überleben“.
Prof. Dr. rer. nat. Thorsten Kuczius, Bereichsleiter Umwelthygiene am Universitätsklinikum Münster, Foto: UKM
„Und bitte, schauen Sie sich den verkalkten Perlator am Wasserhahn an und legen Sie ihn in Essig“, schmunzelt er. Denn an den Rändern und überall dort wo es feucht ist, fühlen sich auch Bakterien wohl. Er erklärte die Entstehung von Biofilmen, Besiedelung und ständig neue Entstehung von Bakterien, Nachweis durch Probenentnahme und Anzüchtung und Maßnahmen zur Bekämpfung. Wie in der Trinkwasserverordnung gefordert, dauert es zum Beispiel zehn Tage bis Legionellen sicher nachzuweisen sind.
Wie sie mit modernen Methoden in nur wenigen Stunden nachzuweisen sind, und warum eine Wasserbeprobung im UKM noch viel genauer durchzuführen ist, um über Membrane mit kleinsten Rückständen genauesten Aufschluss über die vorliegende Keimbelastung zu erhalten, um sie zu senken und steriles Wasser in bestimmten Klinikumsbereichen zu erhalten, darüber sprach er in seinem faktenreich aufgebauten Vortrag.
„Steriles Wasser erhalten Sie übrigens auch durch Abkochen“, aber das sei zum normalen Trinken gar nicht nötig. Er trinke Wasser aus dem Wasserhahn: „Aber bitte bewahren Sie selbst aufgesprudeltes Wasser höchstens ein bis zwei Tage auf und schütten es dann in die Blumen.“ Und ein Glas zu verwenden, um Mundkeime nicht in die Flasche zu bringen, dazu riet er auch.
So leistete der Wissenschaftler im vhs-Forum einen aufschlussreichen Wissenstransfer zwischen Uni und Volkshochschule, freute sich Dr. Anna Ringbeck, vhs-Direktorin.
Tag zwei auf der längsten Radtour des vhs-Bildungsurlaubs führte die zehn Bildungsurlauber*innen nach Ameke bei Drensteinfurt. Die 32 Kilometer lange Radstrecke führte die Gruppe durch die Wiesen, Felder und Wälder der Münsterländer Parklandschaft.
Saatgut auf einem ökologisch bewirtschafteten Hof herstellen (Th. M.)
Erste Station war der Bioland-Hof von Peter Angenendt und Thomas Strnad. Die beiden Schwager betreiben den familiären Betrieb, der sich auf den Gemüseanbau und die Saatgutvermehrung spezialisiert hat. „Zur Verwertung von Über- und Ausschuss halten wir unsere Schweine“, erklärt Peter Angenendt den Teilnehmer*innen. Die Führung führt von den Schweinen zum Gemüseanbau und dessen Weiterverarbeitung. Anders als am Vortag, als die Gruppe den Bioland-Betrieb Schulze Buschhoff in Handorf besuchte, wählt Peter Angenendt ein ganz anderes Vertriebskonzept. „Wir beliefern regional Supermärkte, vor allem solche, die Inhabergeführt sind, wie Rewe- oder Edeka-Märkte in der Umgebung.“
Überschuss wird an hofeigene Schweine verfüttert (Th. M.)
Der Gemüseanbau ist eines der drei Standbeine, ein weiteres ist die Saatgutvermehrung. „Viele ökologisch wirtschaftende Betriebe aus der Region bestellen bei uns direkt. Sie kaufen aber nicht nur das Saatgut, sondern bekommen auch immer eine umfassende Beratung. Klarer Trend geht zu Hülsenfrüchten, wie Erbsen und Linsen“, sagt der Bio-Landwirt.
Gemüseanbau ist ein weiteres Standbein des Saatgutherstellers (Th. M.)
Zum intensiven Austausch zur Frage des Einsatzes von Gentechnik in der Saatgut-Züchtung lädt der Landwirt die Gruppe auf die Terrasse in seinem Bauerngarten ein. Im Gespräch geht es um Saatgutzucht und -Vermehrung, um die Rolle der internationalen Konzernen, es geht um Patente auf Lebensmittel und um die Frage, wie wirkt sich die Entwicklung auf die regionale bäuerliche Landwirtschaft aus. Nach der Diskussion geht es für die Teilnehmer*innen nur einen Hof weiter: zum Hof May.
Schwein gehabt: Zuchttieren ein besseres Leben ermöglichen
Simona und Carl-Hendrik May sind beide Agraringenieure, und betreiben gemeinsam den landwirtschaftlichen Familienbetrieb im südlichen Münsterland in der inzwischen 22. Generation. Seit 2021 erst bewirtschaften die beiden ihren Hof im Vollerwerb und als Ausbildungsbetrieb. Begonnen hat alles mit einer Handvoll Hühner. Heute sind es einige Tausend Hühner und einige Hundert Schweine. Zentrales Thema von Carl-Hendrik May ist das Tierwohl. Für die Mays ist es eine Herzensangelegenheit. Weshalb sie sich von Anfang an für die mobile Freilandhaltung der Legehennen entschieden haben.
Schweine auf Stroh mit doppelt so viel Platz wie vorgeschrieben (Th. M.)
Aufgrund der guten Erfahrungen und der Absicht den Tieren am Hof ein stressfreies und artgerecht Leben zu ermöglichen – um eben die sehr gute Qualität der Produkte zu gewährleisten, stellten die Mays 2022 auch die gesamte Schweinehaltung auf Haltungsform 4 umzustellen. Ohne Betonspalten, ohne Gülle, dafür mit viel Stroh, Licht, Luft, 2,5mal so viel Platz wie gesetzlich vorgesehen und natürlich mit Ringelschwanz – unser Ameker StrohSchwein. Ein weiterer konsequenter Schritt zu mehr Tierwohl und Produktqualität war für die Mays die Errichtung einer eigenen Hofmetzgerei. Die Schweine werden somit ohne jeglichen Verlade- und Transportstress auf dem Betrieb geschlachtet, handwerklich zerlegt und anschließend zu hochwertigen Produkten selbst weiterverarbeitet.
Mehr Tierwohl in Haltungsform 4: Frische Luft im offenen Stall (Th. M.)
Aufgrund der guten Erfahrungen und der Absicht den Tieren am Hof ein stressfreies und artgerecht Leben zu ermöglichen – um eben die sehr gute Qualität der Produkte zu gewährleisten, stellten die Mays 2022 auch die gesamte Schweinehaltung auf Haltungsform 4 umzustellen. Ohne Betonspalten, ohne Gülle, dafür mit viel Stroh, Licht, Luft, 2,5mal so viel Platz wie gesetzlich vorgesehen und natürlich mit Ringelschwanz – das Ameker StrohSchwein. Ein weiterer konsequenter Schritt zu mehr Tierwohl und Produktqualität war für die Mays die Errichtung einer eigenen Hofmetzgerei. Die Schweine werden somit ohne jeglichen Verlade- und Transportstress auf dem Betrieb geschlachtet, handwerklich zerlegt und anschließend zu hochwertigen Produkten selbst weiterverarbeitet.
Kreativität und Engagement steckt in der heimischen Landwirtschaft
Die Teilnehmer*innen waren überrascht, wieviel Kreativität und Engagement in der Landwirtschaft steckt, „wo doch alles immer am Jammern ist“, sagt eine der Teilnehmerinnen. Simona und Carl-Hendrik May haben die Teilnehmer*innen von ihrem Konzept als Alternative innerhalb der konventionellen Landwirtschaft überzeugt. Erfolg gibt ihnen recht.
„Puhhh, dieser Rad-Tag heute war anstrengend“, sagen die Teilnehmerinnen und sind froh, sich am Abend ausruhen zu können.
Dieser Frage gehen in dieser Woche zehn Bildungsurlauber*innen nach.Die Volkshochschule Münster bietet diesen fünftägigen Kurs zum ersten Mal an. Gemeinsam mit Dozent Thomas Mosebach sind die Teilnehmer*innen „Unterwegs mit dem Fahrrad zu Erzeugerbetrieben rund um Münster“.
Leonard Große-Kintrup erklärt die Milcherzeugung (Thomas Mosebach)
Auf dem Hof geben derzeit 150 Kühe Milch für zahlreiche wertvolle Milchprodukte. Die Tiere leben in einem modernen Stall mit natürlichem Klima. Die Futtermittel – selbstverständlich ohne Gentechnik – stammen vorrangig aus eigenem Anbau.
Im offenen Stall werden die Milchkühe gehalten (Thomas Mosebach)
Die Erzeuger-Expedition mit dem Fahrrad führt die Gruppe am Nachmittag zum Hof von Jörg und Victoria Schulze Buschhoff. Der Gemüseanbau ist das Kerngeschäft am Bioland-Hof Schulze Buschhoff mit dem Direktvertrieb „Ökullus“.
Bunter Blühstreifen auf dem Acker am Wegesrand (Thomas Mosebach)
Jörg Schulze Buschhoff zeigt den Bildungsurlauber*innen der Volkshochschule Münster den Hof, die Gemüseäcker und die Getreidefelder.
„Ökullus“-lädt ein: Jörg Schulze Buschhoff erklärt den Ackerbau (Thomas Mosebach)
Der ökologische Landbau steht im Mittelpunkt der Gespräche zwischen dem Landwirt und den Teilnehmenden. Jörg Schulze Buschhoff erklärt, wie eine nachhaltige Nahrungsmittelerzeugung gewährleistet werden kann, er erläutert die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft und beschreibt die Weg zur Transformation der Gesellschaft.
Landwirt Jörg Schulze-Buschhoff diskutiert mit Teilnehmenden (Th. M.)
Am Ende des Tages haben die Teilnehmer*innen einen spannenden, erfüllten, informativen und sportlichen Tag erlebt.
Ausblick auf den zweiten Tag
Am nächsten Tag geht’s auf die längste Tour – 30 Kilometer bis nach Drensteinfurt. Dort besucht die Gruppe „Münsterland Saatgut“ und geht der Frage nach, welche Auswirkungen Lebensmittel-Patente auf die Ernährung hat, und am Hof May beschäftigt sich die Gruppe mit der Frage: „1,2,3, oder 4?“ Tierwohl in der konventionellen Schweinehaltung. Familie May hält ihre Schweine in der Haltungsstufe 4 und befindet sich damit in der gleichen Haltungsstufe wie ökologisch wirtschaftende Betrieb.
Es war eine spannende Woche mit sehr vielen unterschiedlichen Eindrücken und Informationen, Meinungen und Ansichten. Nur einen Bruchteil davon konnte ich hier in diesem Blog darstellen.
Aber ich bin mir sicher, dass alle Teilnehmer einen tiefen Einblick in den Weinanbau, die Arbeit, aber auch die Leidenschaft der Winzer bekommen haben.
Es gab viele Denkanregungen zu den verschiedenen Anbaumöglichkeiten und die nachhaltige Bewirtschaftung der Weinberge, damit auch nachkommende Generationen noch von den besonderen Wein-Anbaumöglichkeiten im Moseltal profitieren können, nicht nur im Hinblick auf den Klimawandel.
Bei fast allen Winzern klangen Zukunftssorgen mit. Nicht nur, weil die Erwärmung den Weinanbau stark und nicht abschätzbar beeinflussen wird, sondern auch weil vielerorts der Nachwuchs fehlt. Zu wenige junge Menschen sind bereit die zum Teil harte Arbeit im Weinberg zu machen. Diese bedeutet – und da kommen die Erwärmung wieder ins Spiel – oft früh am Morgen und später abends in den Weinberg zu gehen. Bleibt zu hoffen, dass sich bald wieder mehr junge Menschen finden, die sich diesem alten landwirtschaftlichen Zweig widmen und die köstlichen Moselweine produzieren möchten.
Damit bin ich am Ende angelangt. Dies war der erste Bildungsurlaub zu dem Thema und wir haben sie sehr genossen.
Wir werden die Veranstaltung im Herbst wiederholen und voraussichtlich auch im kommenden Jahr. Gerne nehmen wir einige Anregungen der Teilnehmer auf noch weitere Stimmen einzubauen: vlt. die Stimmen von Umweltverbänden oder Forschenden? Wir werden es sehen.
Auf jeden Fall freuen wir uns schon sehr darauf wieder im Moseltal zu sein.
Barbara Alongi (Dozentin) und Franzis Brüse (Dozentin)
Zum Abschluss dieses ersten Bildungsurlaubs an der Mosel standen am Freitag die Geologie des Moseltals, als Grundlage für die besondere Qualität des Weinbaus an der Mosel sowie der Besuch der kleinen Gemeinde Beilstein auf dem Programm – dem „Dornröschen der Mosel“.
Ortsansicht Beilstein am Prallhang
Die typischen Schiefergesteine der Mosel sind aus Ablagerungen des Devonischen Meeres entstanden. Dieses flache tropische Meer existierte vor über 440 Millionen Jahren (im Erdzeitalter Devon) zwischen den Urkontinenten Godwana und Laurasia. Als diese beiden sich im anschließenden Erdzeitalter Karbon zu Pangea zusammenschließen, verschwindet das Meer und die Ablagerungen wurden gestaucht, aufgestellt und zusammengepresst. Über die Jahrmillionen entstand aus den sandigen Ablagerungen das Schiefergestein, das heute das rheinische Schiefergebirge bildet.
Schiefer ist der prägende Baustoff der Region und als Gestein die Grundlage des Weinbaus.
Je nach mineralischer Zusammensetzung ist der Schiefer rötlich, bläulich oder eher gräulich gefärbt. Sehr dunkler Schiefer, wie er für die Dächer und als Wandverkleidung genutzt wird, enthält einen hohen Anteil an organischem Material – Reste von Pflanzen und anderen Lebewesen.
Auch wenn die Mineralien des Schiefers im Wein nicht nachweisbar sind, sind die Winzer davon überzeugt, dass sie dem Moselwein eine besondere mineralische Note geben.
Für den Riesling bietet er auf jeden Fall besten Wachstumsuntergrund. Denn die Wurzeln dieser Rebe können auf der Suche nach Waser tief in die Ritzen und Spalten des Schiefers eindringen.
Viel später – im Quartär – hob sich die gesamte Moselregion an. Den Fluss gab es schon und je höher das Gestein gedrückt wurde, desto tiefer grub sich der Fluss in den Untergrund. Das Wasser suchte sich seinen Weg und die Mosel erhielt ihre vielen Schleifen – die Mäander genannt werden.
In einer dieser Moselschleifen liegt das Örtchen Beilstein. Es verströmt urigen Flair mit mittelalterlichen Stadttoren, Fachwerkhäusern, einer ehemaligen Synagoge, einem Kloster und einer Burgruine. Es wurde in den letzten Jahrhunderten kaum zerstört und blieb – anders als Cochem – auch im zweiten Weltkrieg verschont. Lediglich die Höhenburg wurde 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg von Ludwig XIV. zerstört.
Die Stadt erhielt bereits 1309 Stadtrechte und auf dem Marktplatz unterhalb des Zehnthauses wurden nicht nur Wein und Weintrauben gehandelt. Ein Gesetz sah vor, dass alle Schiffe, die vorbeifuhren ihre Waren auf den Marktplätzen anbieten mussten. So wurde das kleine Beilstein zu einem wichtigen Umschlagplatz für Waren.
Groß ist es dadurch nicht geworden. Dafür gab es auch zu wenig Platz, denn der Ort wurde in den steilen Prallhang eines Moselmäanders gebaut. Oberhalb des alten Ortskerns befindet sich ein altes Kapuzinerkloster, von dem heute noch die Klosterkirche sowie das Haus des Priors (des Klosteroberen) erhalten geblieben ist. In der ehem. Klosterkirche St. Josef befindet sich eine schwarze Madonna aus dem 12. Oder 13. Jahrhundert, die die Spanier im 30jährigen Krieg dagelassen haben.
Heute leben in Beilstein ca. 140 Einwohner und es wird schätzungsweise von 2,5 Millionen Touristen im Jahr besucht. Wir haben den Ort sehr ruhig erlebt und dennoch stellten wir uns die Frage: Wieviel Tourismus verträgt so ein Ort?
Das geschwungene Fachwerk mit den kleinen Tupfen symbolisiert Weinreben. Das geschwungene Fachwerk mit den kleinen Tupfen symbolisiert Weinreben.
Nach drei Tagen, an denen es sich fast alles um den Wein drehte, begaben wir uns am Donnerstag auf touristischere Pfade sowie auf Spuren der deutschen Nachkriegsgeschichte: die Stadt Cochem standen auf dem Programm.
Der Wein ließ uns dabei allerdings nicht los. Wie auch? Fußt doch der Tourismus der Region auf dem Weinbau und umgekehrt. Viele kleinere Winzer im Moseltal leben von der Direktvermarktung und der Wein ist auch einer der Hauptgründe für viele Touristen hier her zu kommen.
So passte es gut, dass wir von der amtierenden Weinkönigin Lisa II. von Cochem durch die Stadt geführt wurden. Die kleine Stadt Cochem mit ihren 5500 Einwohnern ist das „Oberzentrum“ im mittleren Moseltal. Die übrigen Dörfer und Gemeinden an der Mosel sind meist sehr klein und Bäcker und Lebensmittelgeschäfte sind dort selten geworden. Das Moseltal ist heute eine Region der langen Wege, was vor allem für Ältere und Menschen mit Handicap ein Problem darstellt. In den letzten Jahren eröffnen aber in vielen Dörfern wieder kleine „Tante Emma“-Lädchen – für den täglichen Bedarf.
Im Innenstadtbereich von Cochem, in dem gerade einmal 1500 Einwohner leben, gibt es neben Weinschänken, Hotels und Gastronomie auch viele andere Geschäfte, Schulen, Verwaltungen etc.
Über allem thront die Reichsburg – die höchstgelegene Höhenburg im Moseltal – auf einem Felsen. Ein Berliner Industrieller kaufte die Burgruine im 19. Jahrhundert und baute sie nach alten Plänen als romantisches Schloss wieder auf.
Lisa erzählt uns die Stadtgeschichte und strickt dabei ein paar „Cochemer Stückelchen“ ein – kleine Anekdoten mit ungewissem Wahrheitsgehalt ein. Eines geht so: Einst griffen Angreifer aus Endert die Stadt an. Um sich zu verteidigen, rollten die Cochemer leere Weinfässer hinter das Tor, um diese auf ihre Feinde zu werfen. Der Plan ging auf und die Leute tanzten danach ausgelassen auf ihren Fässern.
Heute gibt es nur noch wenige Winzer in Cochem, das vom Tourismus geprägt wird. Am Moselufer reihen sich einige Schiffsanleger und normalerweise ist das Städtchen im Sommer überlaufen. Aber wir haben Glück: in dieser Woche werden die Schleusen gewartet, daher fehlen die vielen Flusskreuzfahrtschiffe und ein Großteil der Tagesgäste, die sich sonst durch die Straßen und Gassen schieben.
Nach der Stadtführung besuchen wir – als spannenden Nebenexkurs – einen speziellen Ort, der nichts mit Wein, aber viel mit der deutschen Nachkriegsgeschichte zu tun hat: den einstigen Bundesbank-Bunker. In diesem lagerten bis in die Wendezeit hinein 25 Milliarden D-Mark nahezu ohne Bewachung hinter 4 Meter starken Mauern aus Stahlbeton. Aber nur sehr wenige Menschen wusste davon.
Es handelte sich um Ersatzgeld, das in Umlauf gebracht worden wäre, falls einmal von einer feindlichen Macht Deutschland mit Falschgeld überzogen hätte. In diesem Fall hätte die Bank das neue Geld ausgeben können, um die Wirtschaft zu schützen.
Woher die Angst davor? Deutschland hatte genau die Strategie im 2. Weltkrieg gegen die Engländer eingesetzt.
Wir waren am Mittwoch mit dem Bus und dem Schiff unterwegs. Wir hatten schon bei der Planung gemerkt, dass die Qualität des ÖPNV an der Mosel „noch Luft nach oben hat“. Zumindest fahren die Busse tagsüber stündlich und sind auch pünktlich. Die Preise können allerdings je nach Busfahrer unterschiedlich ausfallen – zumindest bei Gruppen.
Etwas Ortskenntnis ist bei der Planung darüber hinaus von Vorteil. Zum Beispiel, wenn man ins berühmte Örtchen Beilstein möchte. Denn von der Fähre vom gegenüberliegenden Ufer beim Ort Ellenz-Poltersdorf, weiß der Online-Fahrplan nichts und schickt einen lieber auf eine umständliche Reise mit mehreren Umstiegen über die nächsten Brücken.
Wir erfuhren – Gott sei Dank – von der kleinen Autofähre. So kamen wir nach einer kurzen Schifffahrt von Cochem nach Beilstein problemlos zurück nach Senheim und am nächsten Morgen wieder nach Beilstein.
Um den Tourismus in Zukunft nachhaltiger zu gestalten und den sommerlichen Staulagen auf den Moselstraßen entgegenzuwirken, wäre ein touristenfreundlicher Ausbau des ÖPNV absolut wünschenswert.
Ein Highlight von Cochem ist das schlichte Innere die Kirche St. Martin. Sie wurde im zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Heute lassen die bunt-verglasten Fenster die schlichten weißen Wände bei Sonnenschein in farbiges leuchten.
In einem feuchten dunklen Weinkeller in der Gemeinde Reil lagern große Weinfässer aus dunklem Holz. Von Zeit zu Zeit blubbert es in den kleinen Röhrchen, die oben aus den Fässern herausragen. Hier gären die Bioweine der Winzerei Melsheimer, wie vor 100 Jahren in aller Ruhe vor sich hin.
In vierter Generation produziert der Winzer Thorsten Melsheimer in Reil Weine – die 5. Generation steht schon in den Startlöchern. Sein Sohn hat heute seine Abschlussprüfung.
Melsheimer erzählt uns im Lager und im kühlen Weinkeller von seiner Arbeit. Er ist ein radikaler Biowinzer: Er düngt seine Felder nicht und bringt kaum Pflanzenschutzmittel aus. „Pflanzenschutz muss aus der Natur kommen“ so eines seiner Credos. Er baut versuchsweise neue Sorten – sogenannte „Piwis“ an – pilzresistente Sorten. Dabei ist aber nicht die Erwärmung durch den Klimawandel die Motivation, sondern die Möglichkeit weitere Pflanzenschutzmittel einzusparen.
„Nur Trauben“ ein anderes Credo von Melsheimer. Denn er fügt seinem Wein (95% Riesling) – wenn irgend möglich – im gesamten Produktionsprozess nichts mehr hinzu: keinen Zucker, keine Hefen oder sonstige Zusatzstoffe. Das hat zur Folge, dass seine Trauben manchmal deutlich mehr Zeit brauchen, um mit den natürlich vorhandenen Hefen zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Einige Weine brauchen statt 5-6 Monate Gärzeit dann auch mal 3-4 Jahre.
Einige seiner Sekte gären 7 Jahre in den Flaschen. Dabei werden sie von Zeit zu Zeit von Hand gedreht und am Ende mit viel Geschick umgekorkt.
Seine Schaumweine sind PetNat – das ist die Abkürzung für „Pétillant Naturel“ – „natürlich perlend“. Das heißt die gesamte Kohlensäure entsteht bei der Gärung und es wird – wie bei vielen anderen Sekten – keine extra Kohlensäure hinzugefügt.
Was den Klimawandel betrifft, sagt Melsheimer, dass schon jetzt nicht mehr die Sonne im Weinbau an der Mosel der minimierende Faktor ist, sondern das Wasser.
Früher beste Lagen in den Steilhängen werden zukünftig an Bedeutung verlieren, weil ihnen das Wasser fehlt. Von der Idee, von der Mancher an der Mosel träumt, das Regenwasser im Winter in Stauseen in der Eifel und im Hunsrück für die Bewässerung im Sommer zu speichern, hält er wenig.
Wir reden noch viel über Zertifizierungen von Weinen und Nachhaltigkeit, Bewirtschaftungsmethoden und zukünftigen Ideen zum Einsatz von Drohnen und Robotern im Weinbau. Über die Rückkehr der süßen Weißweine, für die die Mosel einst berühmt war.
„Orange“-Weine bei denen die gesamte Weißweintraube vergoren wird.
„Wo ein Pflug kann gehen, keine Reben sollen stehen“
alter Leitsatz der Moselwinzer
Dieser Leitsatz bekommt heute im Zuge der Diskussion zur Nutzung der Anbauflächen für Lebensmittel oder andere Erzeugnisse wieder eine neue Bedeutung.
Stephanie Vornhecke ist nicht nur eine der wenigen weiblichen Winzerinnen in der Region, sie ist auch die erste Vizepräsidentin eines Weinbauverbands – nämlich des Weinbauverbandes Mosel.
Ihre liebsten Mitarbeiter im Weinbau sind ihre Tochter und eine Herde Zwergschafe. Diese werden zur Beweidung auf Brachflächen gebracht, um von dort in die Weinberge eindringende Problempflanzen abzufressen.
Problempflanzen sind im Weinbau verschiedene heimische Arten, wie die Ackerwinde, die Brennnessel und die Brombeere. Auch das immer häufiger vorkommende Jakob-Kreuzkraut und Neophyten wie die Sicheldistel mit ihren mehre Zentimeter langen Stacheln sind ein Problem für die Winzer.
Kräuter, wie der Natternkopf, Wiesenboxbart und Kleiner Wiesenknopf, Spitzwegerich und andere Kräuter sind bei Stephanie Vornhecke gern gesehen.
Statt streng gesäuberter Weinhänge, wie es früher Praxis war, bringt sie spezielle Blühmischungen zwischen den Reben aus. Diese wurden in einem Projekt zur Artenvielfalt zusammengestellt – dem Moselprojekt – in dem Stephanie Vornhecke tätig ist. Unter dem Titel „Steillagenweinbau schafft Vielfalt!“ bringt sie die Weinberge zum Blühen. Schafft neben ihren Reben Lebensräume für Insekten, Vögel und andere Lebewesen. Gleichzeitig sorgt sie für eine gute Bodengesundheit.
Die bewachsenen Böden sind durch den Bewuchs besser vor Austrocknung und Erosion geschützt – ein Schutz, der im Zuge des Klimawandels an Bedeutung gewinnt.
Noch ist sie eine Vorreiterin in Bezug auf die blühenden Weinberge. Aber schon heute schauen sich einige Winzer in der Region einiges von ihr ab und die „sauberen“ Weinberge ohne eine andere Pflanze zwischen den Reben werden immer weniger.
Der heutige Tag begann mit einem Gang durch die Geschichte, bevor wir ganz in das Leben und die Arbeit der Winzer im Moseltal eintauchten:
Der Künstler Christoph Anders erzählte lebhaft aus der Geschichte des kleinen Ortes Senheim. 516 Einwohner leben hier – mehr als 50 davon sind Künstler.
Die Straßen sind mit Basalt gepflastert, aber an den Seiten liegen Moselkiesel, die die Frauen und Mädchen im 19. Jahrhundert aus dem Fluss fischten.
Weinberge, die Reben und Trauben beherrschen den übrigen TagWinzer Tobias Desoye erläuterte die aufwändige Arbeit am Weinberg und die Ansprüche der einzelnen Rebsorten.
Übrigens: Da die Reben über die Triebe vermehrt werden, stehen auf einem Weinberg lauter Klone.
Der Weinbau an der Mosel profitierte in den letzten Jahrzehnten vom Klimawandel. Seit den 1990er Jahren gab es keine Missernten mehr. Seit 2003 spricht man im Weinbau von „Jahrhundertjahrgängen“.
Allerdings können Extremwetterereignisse, wie Hagelschlag verheerend sein. Auch späte Fröste verursachen große Schäden bei den frühtreibenden Reben.
Anbauzeiten und Qualitäten der Trauben verändern sich. Ein Winzer muss sich immer wieder an die sich ändernden Bedingungen anpassen.
Blühende Rebe: die Weinreben bestäuben sich selbst. Bienen werden nicht dazu gebraucht.